Lokales
Willi Graf in Bonn
NS-Widerstand
Collage: Michelle Eickmeier (Quelle: Universitätsarchiv Bonn, Anneliese-Knoop Graf. )
GDN -
Das Vermächtnis der Widerstandsaktivisten um die Weiße Rose hat auch heute nicht an Aktualität verloren, wie die Mord-Anschläge der NSU demonstrieren. Willi Graf (2.01.1918- 12.10.1943), der nach der legendären Flugblattaktion der Geschwister Scholl in die Fänge der Nazis geriet, war Widerstehender.
“Dürfen wir nicht fast froh sein, daß wir in dieser Welt ein Kreuz auf uns nehmen können, das manchmal über menschliches Maß hinauszugehen scheint? In gewissem Sinne ist es eine wörtliche Nachfolge Christi.“ Diese Worte Grafs erreichten seine Familie 1943, geschrieben im Strafgefängnis München Stadelheim, zwei Tage vor seiner Ermordung durch die Nazis. Graf ging aufrecht in den Tod.
Bonn, am Botanischen Garten 2. Hier wohnt Graf bei Verwandten. Geboren bei Euskirchen, studiert er zwei Jahre an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn Medizin, bevor er sein Studium in München fortsetzt. Die Rolle Bonns im Leben des Widerstandskämpfers, der sich der Untergrundbewegung Weiße Rose anschloss, sollte keine zu geringe sein. In früher Jugend erteilt Graf dem Nazi-Regime eine Absage, wird Mitglied der religiös motivierten und illegalen Jugendgruppe Grauer Orden. Auch als 1936 die Hitlerjugend zur Staatsjugend erklärt wird, schafft er es, den Eintritt in die HJ zu vermeiden, riskiert dabei sogar sein Abitur.
Grafs erster Konflikt mit dem nationalsozialistischen Staat lässt nicht lange auf sich warten: 1938 steht in Bonn-Poppelsdorf die Gestapo vor der Tür. Noch hat er Glück: Im Zuge einer Generalamnestie nach dem Anschluss Österreichs an Deutschland kommt es zur Verfahrenseinstellung. Während des Sanitätsdienstes an der Ostfront werden er und seine
Mitstreiter Zeugen des Kriegshorrors. Sein Entschluss ist endgültig, Graf wird Mitglied der Weißen Rose. Eine Ausweitung des Netzes strebt er nun an. Dazu unternimmt er die “Informations- und Propagandafahrt“ wie es später in der Anklageschrift heißen wird. Köln, Bonn, Saarbrücken, Freiburg und Ulm hat er im Visier.
Mitstreiter Zeugen des Kriegshorrors. Sein Entschluss ist endgültig, Graf wird Mitglied der Weißen Rose. Eine Ausweitung des Netzes strebt er nun an. Dazu unternimmt er die “Informations- und Propagandafahrt“ wie es später in der Anklageschrift heißen wird. Köln, Bonn, Saarbrücken, Freiburg und Ulm hat er im Visier.
Ein Vervielfältigungsgerät sowie Exemplare des fünften Flugblattes sollen in Bonn zum Einsatz kommen. Die Wohnung Karl Bisas in der Luisenstraße wird zum konspirativen Treffpunkt. Doch seinen Freunden ist die Aktion zu riskant. “Am Mittag Bonn. Mit Hein zusammen, ein Gang am Rhein vorbei. Es ist hier doch schwieriger.“ schreibt Graf in sein Tagebuch, das die Gestapo nie in ihre Hände bekommen sollte. Einsamkeit ist der Preis seines Widerstandes.
Die Festnahme der Geschwister Scholl, die das 6. Flugblatt in der Münchner Universität verteilten, ist der Auftakt einer mörderischen Verhaftungswelle. Keine zwölf Stunden später schlägt die Gestapo auch bei Graf zu. Mit seiner Schwester wird er in München festgenommen, zusammen mit Alexander Schmorell und Professor Kurt Huber zum Tode verurteilt. Über den Zeitpunkt der Urteilsvollstreckung wird er vollkommen im Unklaren gelassen. Die Geschwister Scholl leben lange nicht mehr. Von diesem qualvollen Hinauszögern erhofft sich die Gestapo, weitere Namen aus ihm herauszupressen.
Doch hierin unterschätzen sie ihn - gegen die Zivilcourage des Hochverräters sind sie machtlos. Er allein sei für alles verantwortlich, kann er im Verhör glaubhaft machen und schützt so andere Mitgeschworene. Kurzen Prozess machten die Nazis mit Graf und der Weißen Rose. Ein Prozess ganz anderer Art könnte einmal darauf folgen. Der Fall Graf wäre allemal prädestiniert für die Eröffnung eines Seligsprechungsprozesses. Gerade heute hat seine Zivilcourage angesichts des wachsenden Antisemitismus in Europa und eines Erstarkens der rechten Szene Gewicht und Gültigkeit.
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