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Baden-Württembergs Ministerpräsident gegen Unionskompromiss
GDN -
Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat den jüngsten Kompromiss der Unionsparteien in der Asylpolitik scharf verurteilt. "Die Regeln des politischen Anstands sind aus Angst vor einem schlechten Abschneiden bei der bayerischen Landtagswahl gravierend verletzt worden. Ein solches Geschacher ist weder konservativ noch europäisch. Mit nationalen Alleingängen und der Wiedereinführung von Grenzkontrollen entfernen wir uns immer mehr von der europäischen Idee und den offenen Binnengrenzen", sagte Kretschmann der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Donnerstagausgabe).
Die Unionsparteien hätten das Land in eine Krise geführt. "Es ist die schwerste Krise seit Bestehen der Republik, vor allem weil der europäische Zusammenhalt der Union nicht mehr viel wert zu sein scheint", sagte der Ministerpräsident der FAZ. Kretschmann forderte ein Einwanderungsgesetz, alle etablierten Parteien hätten in der Einwanderungspolitik schwere Fehler gemacht, die sie nun korrigieren müssten. "Wir haben die multikulturelle Gesellschaft zu einem schönen Erlebnis verklärt. In Wirklichkeit ist eine Einwanderungsgesellschaft eine hochgradige Anstrengung. Da haben alle etablierten Parteien etwas im Rucksack. Jetzt müssen wir das ordnen." Besser sei es, bei der Gestaltung der Einwanderungsgesellschaft den Leitbegriff Verfassungspatriotismus zu benutzen. Für die Grünen seien Humanität und Ordnung die zentralen Begriffe einer modernen Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik. Der Staat müsse jedoch wehrhaft sein, vor allem wenn es sich um kriminelle Flüchtlinge handele, die in Deutschland gar keinen Schutz suchten. "Wir können nicht dulden, dass jemand, der bei uns Schutz sucht, nun unser Land unsicher macht, das wäre vollkommen paradox." Auch eine Begrenzung der Einwanderung sei nötig: "Zu unseren Werten gehört auch sozi ale Gerechtigkeit. Die lässt sich aber nicht herstellen, indem jeder kommen kann, dem es irgendwo nicht gut geht." Kretschmann sprach sich mit Blick auf die Auseinandersetzung mit rechtspopulistischen und rechtsextremistischen Parteien wie zum Beispiel der AfD dafür aus, nicht jede Meinungsäußerung von vornherein abzuqualifizieren, sondern immer zu argumentieren: "Wir müssen aushalten lernen, dass es auch deutschnationale Auffassungen geben darf, ja, und man darf auch die Auffassung vertreten, dass wir keine Einwanderungsgesellschaft sind. Das gehört auch zu einer pluralistischen Gesellschaft. Ich halte solche Positionen zwar für falsch. Das entspricht nicht den Tatsachen, aber man darf so etwas sagen. Die Grenze bei Meinungsäußerungen, gegen die wir uns wenden müssen, ist erreicht, wenn Grundlagen der verfassungsgemäßen Ordnung berührt sind." Der grüne Ministerpräsident, der die Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel 2015 und vor allem im Landtagswahlkampf Anfang 2016 offensiv unterstützt hatte, bewertete die Rolle der CDU-Bundesvorsitzenden der FAZ nun kritischer: "Merkels Politikstil ist in der Flüchtlingskrise an seine Grenzen gestoßen, auch wenn ich ihre Politik unterstützt habe", sagte er.
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